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Das Ägyptische Fatwa-Amt

Wartezeit zwischen Aḏān und Iqāma bei den fünf rituellen Pflichtgebeten

Ihre Frage

Gibt es von der Scharia her eine konkrete Wartezeit zwischen Aḏān und Iqāma für jedes Pflichtgebet?

Antwort

Die muslimischen Rechtsgelehrten sagen, dass es wünschenswert ist, die Zeit zwischen Aḏān und Iqāma mit dem Verrichten eines rituellen Pflichtgebets oder einfach mit dem Sitzen in der Moschee oder mit der Zeitspanne, in der es den Betenden möglich ist in der Moschee zu erscheinen, zu überbrücken. Ausgenommen davon ist lediglich das Abendgebet. Es soll jedoch Rücksicht auf die wünschenswerte rechtzeitige Gebetszeit genommen werden, der Gebetsbeginn also nicht unnötig lang verzögert werden..

Es gilt bei den Rechtsgelehrten als verpönt, die Iqāma unverzüglich nach dem Gebetsruf ohne den erwähnten Zeitabstand durchzuführen. Denn nach einer Aussage von Ubaiy Ibn Ka´b wurde überliefert, dass der Prophet (Allah segne ihn und schenke ihm Wohlergehen!) sagte: „O Bilāl! Lass zwischen deinem Aḏān und deiner Iqāma ein Weilchen, so dass der Essende mit dem Essen in Ruhe fertig sein kann und derjenige, der sich rituell wäscht, sich in Ruhe reinigen kann!“ Dieser Hadith wurde von Imam Aḥmad in dessen Hadith-Sammlung veröffentlicht.

Der Zweck des Aḏān besteht darin, den Leuten mitzuteilen, dass die Gebetszeit angebrochen ist, damit sie sich für das Gebet mit der rituellen Gebetswaschung vorbereiten und in die Moschee kommen. Ohne diese zeitliche Trennung zwischen Aḏān und Iqāma entfällt diese Intention und dadurch können viele Muslime das Gemeinschaftsgebet versäumen.

Einige Rechtsgelehrte haben eine bestimmte Wartezeit zwischen Aḏān und Iqāma festgelegt.

Der hanafitische Imam Al-Kasānī (möge Allah Sich seiner erbarmen!) sagt in seinem Werk Badā`i´u-ṣ-Ṣanā`i´ (1/410): „Und auf Grund dessen, dass der Aḏān die Leute in die Moschee kommen lassen soll, soll es dann auch eine Wartezeit geben, während der sie kommen können. Im Wortlaut des Hadith ist keine bestimmte Wartezeit erwähnt. Al-Ḥasan berichtete nach einer Aussage von Abū Ḥanīfa, dass die Wartezeit beim Morgengebet für das Rezitieren von zwanzig Quran-Versen reichen soll, beim Mittagsgebet für das Verrichten von vier Rak´as, wobei in jeder Rak´a etwa zehn Verse gelesen werden, beim Nachmittagsgebet für das Verrichten von zwei Rak´as, wobei in jeder Rak´a ebenfalls etwa zehn Verse gelesen werden, beim Abendgebet für das Rezitieren von drei Versen und beim Nachtgebet genau das gleiche wie beim Mittagsgebet. Hierbei handelt es sich indes nicht um eine verbindliche Festlegung, vielmehr soll man eine Zeit lang warten, bis die Betenden kommen unter Berücksichtigung der wünschenswerten Gebetszeit erschienen sind.“

Der schafiitische Scheich Zakarīya Al-Anṣārī (möge Allah Sich seiner erbarmen!) sagt in seinem Werk Asna-l-Maṭālib Šarḥu Rauḍi-t-Tālib (1/130): „Der Muezzin soll mit dem Imam zwischen Aḏān und Iqāma eine Wartezeit vereinbaren, die für das Zusammenkommen der Leute in der Moschee und das Verrichten der jeweiligen rituellen Sunna-Gebete reicht; nur beim Abendgebet lässt man zwischen beiden nur eine sehr kurze Zeitspanne etwa für ein kurzes Sitzen verstreichen, und zwar wegen der Knappheit der Zeit zwischen dem Abend- und Nachtgebet und auf Grund dessen, dass die Leute zum Abendgebet gewöhnlich schon vor Anbruch der Zeit dieses Gebets in die Moschee kommen. Gemäß eines Hadith, den An-Nawawī als authentisch betrachtet, dass es ein Sunna-Gebet vor dem Abendgebet gibt, kann es auch eine Wartezeit im Ausmaß dessen Verrichtung geben.“

Der hanbalitische Imam Al-Bahūtī (möge Allah Sich seiner erbarmen!) sagt in seinem Werk „Kašāfu-l-Qinā´“ (1/221): „Es gehört zur Sunna, die Iqāma nach dem Aḏān etwas hinauszuzögern, und zwar in einem Ausmaß, dass jemand seine Notdurft verrichten, dann seine Gebetswaschung durchführen und ein rituelles Gebet mit zwei Rak´as verrichten oder der Essende sein Essen beenden kann und Ähnliches wie etwa, dass ein Trinkender in Ruhe sein Getränk austrinkt. Dies gründet sich auf einen nach einer Aussage von Ğābir von Abū Dāwūd und At- Tirmiḏī überlieferten Hadith, dass der Prophet (Allah segne ihn und schenke ihm Wohlergehen!) zu Bilāl sagte: »O Bilāl! Lass zwischen deinem Aḏān und deiner Iqāma eine Weile in einem Ausmaß, dass der Essende mit dem Essen und der Trinkende mit dem Trinken fertig werden und jemand seine Notdurft verrichten kann!« Beim Abendgebet gehört es zur Sunna, dass man zwischen Aḏān und Iqāma eine kurze Weile vor dem Gebet sitzt. Mit einer vollständigen Überlieferungskette wurde ein Hadith von Abū Huraira überliefert, der auf den Propheten zurückreicht: »Das Sitzen des Muezzin zwischen Aḏān und Iqāma ist beim Abendgebet eine Sunna.« Und auf Grund dessen, dass der Aḏān dazu bestimmt ist, die Leute [vom Beginn der Zeitspanne der jeweiligen rituellen Gebete] zu informieren, gehört das Hinauszögern der Iqāma zur Sunna, damit sie das jeweilige Pflichtgebet erreichen.“

Auf der Grundlage des Erwähnten gilt Folgendes:
Diejenigen, in deren Hand die Angelegenheit des Aḏān und der Iqāma liegt, sollen eine bestimmte Wartezeit zwischen Aḏān und Iqāma festlegen, damit die Betenden sich [in der Moschee] versammeln und das jeweilige Pflichtgebet gemeinsam mit dem festangestellten Imam oder mit einem Anderen verrichten können.
Und Allah weiß es am besten!

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