Alleinsein eines Gefangenen mit des...

Das Ägyptische Fatwa-Amt

Alleinsein eines Gefangenen mit dessen Ehefrau

Ihre Frage

ge dreht sich um Folgendes: 
    Inwieweit ist von der Scharia her das Alleinsein eines Gefangenen mit seiner Ehefrau und vice versa zulässig? Gibt es eine von der Scharia her festgelegte Zeitspanne für die Enthaltung eines Ehemannes von seiner Ehefrau? Und wie lang ist die Zeitspanne, nach der eine Ehefrau das Recht auf Ehescheidung hat, wenn der Ehemann sich von seiner Ehefrau entfernt hat?

Antwort

Diese Frage wurde früher an das ägyptische Fatwa-Amt gerichtet. Eine Fatwa wurde wie folgt erlassen: 

    Der Islam berücksichtigt die Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse, um die Sicherheit der Gesellschaft sowie deren Dauerhaftigkeit zu bewahren. Dies gehört zu den Merkmalen der Mittelmäßigkeit und des Gleichgewichtes in der ehrwürdigen Scharia. Auch der Strafcharakter gilt als eines der Prinzipien des Islam, wobei niemand wegen der Straftat eines anderen bestraft wird, wie auch immer die Verwandtschaft sei. Diesbezüglich sagt der Erhabene:

Und keine sündigende Seele nimmt die Sünde einer anderen auf sich... 
                                                                                                 (Sure 35, Vers 18)

Der Erhabene sagt ferner:

    Wer Rechtschaffenes tut, so ist es für seine Seele; und wer Schlechtes tut, so ist es wider sie; und dein Herr ist nicht ungerecht gegenüber den anbetend Dienenden. 
                                                                                                        (Sure 41, Vers 46)

     Die ehrwürdige Scharia stellt für die beiden Ehepartner Rechte und Pflichten gegenüber dem jeweils anderen auf. Zu diesen Rechten gehört insbesondere der Geschlechtsverkehr. Die meisten Rechtsgelehrten vertreten die Auffassung, dass die Ehefrau das Recht darauf hat, dass ihr Ehemann mit ihr mindestens einmal zwischen ihren jeweiligen Menstruationsperioden oder einmal in jedem Monat beischläft, solange es von der Scharia her keinen Entschuldigungsgrund gibt, der zwischen beide tritt, und zwar gemäß den Worten des Erhabenen:

... Wenn sie sich dann gereinigt haben, so kommt zu ihnen, zumal Allah euch beauftragt hat! 
                                                                                                                                      (Sure 2, Vers 222)

    Imam Asch-Schafii vertritt indes die Auffassung, dass dies für ihn eine Aufgabe wie die übrigen Aufgaben und keine ihm obliegende Pflicht ist. Imam Ahmad Ibn Hanbal legte vier Monate fest, in denen ein Ehemann mit seiner Ehefrau den Beischlaf zu vollziehen hat, und zwar in Analogie zum Schwur, über den Allah, der Erhabene, sagt:

    Diejenigen, die sich von ihren Frauen losschwören, haben eine Wartefrist von vier Monaten. So sie denn ihre Meinung ändern, so ist Allah fürwahr allvergebend, allbarmherzig. Und falls sie zur Scheidung entschlossen sind, so ist Allah fürwahr allhörend, allwissend. 
                                                                                                   (Sure 2, Vers 226-227)

Ist ein Ehemann verreist und hat er keinen entschuldbaren Hinderungsgrund für seine Rückkehr zu seiner Ehefrau, setzt Imam Ahmad in diesem Fall eine Zeitspanne von sechs Monaten fest; man hatte ihn nämlich gefragt: "Wie lange darf ein Mann seiner Ehefrau fernbleiben?" Er erwiderte: "Sechs Monate." Man schreibt an ihn, und lehnt er dann ab zu ihr zurückzukehren und kann sie nicht zu ihm in Begleitung einer ihr zur Heirat verwehrten Person fahren, trennt der Rechtsprechende zwischen ihnen. Er stützt sich dabei auf einen vom Fürst der Gläubigen Umar Ibn Al-Chattab (möge Allah an ihm Wohlgefallen finden!) überlieferten Bericht, dass dieser seine Tochter und Mutter der Gläubigen Hafsa (möge Allah an ihr Wohlgefallen finden!) fragte: "Wie lange kann eine Frau Geduld mit ihrem Ehemann haben?" Sie antwortete: "Fünf oder sechs Monate." So setzte Umar für die Menschen auf ihren Feldzügen sechs Monate fest, in denen sie einen Monat heimreisen, sich vier Monate aufhalten und für einen Monat zurückkehren.

    Auf jeden Fall muss der Ehemann von der Scharia her seiner Ehefrau nach deren Bedürfnis ihre Unbescholtenheit und ihre Keuschheit gewährleisten. In diesem Zusammenhang sagte Imam Al-Ghazzali (Allah erbarme SICH seiner!): "Der Ehemann soll seiner Ehefrau einmal alle vier Nächte beischlafen; denn dies ist gerechter, weil nämlich die Zahl der Frauen, die man heiraten darf, vier beträgt." Deshalb erlaubte er die Verzögerung bis zu dieser Grenze. Ferner soll der Ehemann mit seiner Ehefrau öfter oder seltener Geschlechtsverkehr in einer Weise ausüben, die ihre Keuschheit und ihre Unbescholtenheit gewährleistet. Denn ihre Unbescholtenheit stellt ja eine Pflicht ihm gegenüber dar (Fiqhu-s-Sunna, Band 2, S.121). Da dieses Recht bedeutsam ist, zählte es der Prophet (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) zu den Almosen, für die Allah Belohnung gewährt. So sagte der Prophet in einem von Muslim nach einer Ausssage von Abu Dharr (möge Allah an ihm Wohlgefallen finden!) überlieferten Hadith: "Und das Beiwohnen eines jeden von euch ist ein Almosen." Sie fragten: "O Allahs Gesandter! Wenn einer von uns seine Begierde stillt, wird er dann dafür belohnt?" Er antwortete: "Was meint ihr wohl, wenn er sie auf verbotene Weise stillen würde, nähme er da nicht eine Sündenlast auf sich? Und ebenso wird er dafür belohnt, wenn er sie auf erlaubte Weise stillt."

    In Beantwortung der Frage und auf der Grundlage des oben Erwähnten ist das Alleinsein eines Gefangenen mit seiner Ehefrau oder vice versa von der Scharia her ob der praktischen Anwendung der in der Scharia für beide Ehepartner spezifizierten Rechte statthaft. Denn die Bestrafung im Islam ist ja eine individuelle Sache, die sich nur auf den Straftäter beschränkt.

    Was aber die Frage nach der Enthaltung eines Ehemannes von seiner Ehefrau betrifft, und ob es dafür eine von der Scharia her festgelegte Zeitspanne gibt, so bestimmten die Rechtsgelehrten, dass die Züchtigung Schlagen, Ohrfeigen, Haft, Verbannung, Vertreiben aus einer Sitzung, Enthüllen des Kopfes, Schwärzen des Gesichts, Rasieren des Kopfes bei dem, der das hasst, Reiten eines Esels rücklings und sein Umherführen auf diese Weise zwischen den Menschen oder Androhen vielfältiger Strafen für ihn ist. Bei der Züchtigung darf man weder den Bart abrasieren noch einen Körperteil abschneiden oder verletzen. Diese ihre Beschränkung macht klar, dass sie bei der Nicht-Zulässigkeit der Enthaltung eines Mannes von seiner Frau ob der Züchtigung einig sind.

    Auf der Grundlage dessen und in Beantwortung der Frage ist von der Scharia her gegen das Zusammensein eines Gefangenen mit seiner Ehefrau oder vice versa nichts einzuwenden. Die Zeitspanne des Entferntseins zwischen den Ehepartnern, die einer Ehefrau erlaubt, die Ehescheidung bei ihrer Schädigung einzureichen, ist ein Jahr oder mehr, und zwar entsprechend dem, was von den ägyptischen Gerichten angewandt wird. In der Scharia gibt es keine Züchtigung für die Enthaltung eines Mannes von seiner Ehefrau, denn dies war speziell für den Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) in der Geschichte von den Zurückgelassenen. Die Sache hängt voll und ganz von den Verwaltungsstellen ab um zu tun, was sie hinsichtlich des Verbotenen und des Erlaubten als Wohl für die Gesellschaft erachten.

Und Allah, der Hocherhabene, weiß es am besten!
 

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