Ist es zulässig den Sonnabend zu ei...

Das Ägyptische Fatwa-Amt

Ist es zulässig den Sonnabend zu einem wöchentlichen arbeitsfreien Tag zu machen?

Ihre Frage

Ich bitte um die Meinung des geehrten Fatwa-Amtes hinsichtlich der Bestimmung des Freitags und des Sonnabends als arbeitsfreie Tage an Stelle von Donnerstag und Freitag. Beinhaltet dies Nachahmen der Nicht-Muslime?

Antwort

    In der Scharia ist vorgesehen, dass die Verhaltensweisen eines Herrschers mit dem allgemeinen Interesse zu korrelieren haben und er über indifferente Dinge bestimmen darf. Die Frage der arbeitsfreien Zeit und des Wochenendes und dessen Tage gehört zu den absolut indifferenten Dingen, hinsichtlich derer die Scharia sich nicht äußert. Es besteht ferner keine schariatische Wechselbeziehung zwischen den Festtagen und den arbeitsfreien Tagen und dem Wochenende. Es gehört nicht zum überkommenen Erbe von unseren rechtschaffenen Vorfahren, dass der wöchentliche Festtag (und das ist der Freitag) oder die beiden jährlichen Feste (nämlich Fest des Fastenbrechens und das Opferfest) arbeitsfreie Tage oder Wochenende sind. Vielmehr geht es hier um eine Angelegenheit, in der die arabischen und muslimischen Gesellschaften zu irgendeinem Zeitpunkt und an irgendeinem Ort zu einer Übereinkunft gelangten, und zwar ob eines gemeinsamen Interesses, das dieser Zeit oder diesem Ort entsprach. Ferner halten uns unsere schariatischen Festtage zur Arbeit und nicht zur Untätigkeit an. Mit Ausnahme der Gebete und des mit ihnen verbundenen Erlangens der rituellen Reinheit soll der Muslim die Arbeit weder an einem Festtag noch an einem anderen unter Berufung auf einen religiösen Hinderungsgrund ein schariatisches Motiv die Arbeit unterbrechen. Diese Angelegenheit wird ausschließlich gemäß des individuellen oder kollektiven Interesses geregelt, wobei dem Herrscher, auf Grund des Amts, das Allah der Erhabene ihm anvertraut hat, die Regelung des Allgemeinwohls zukommt.

    Die schariatischen Texte bringen dies klar zum Ausdruck. So verbietet uns Allah den Verkauf – das heißt alle Verträge und jegliche Handelstätigkeit - nach dem zweiten Gebetsruf am Freitag, und zwar gemäß den Worten des Erhabenen:

يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آَمَنُوا إِذَا نُودِيَ لِلصَّلَاةِ مِنْ يَوْمِ الْجُمُعَةِ فَاسْعَوْا إِلَى ذِكْرِ اللَّهِ وَذَرُوا الْبَيْعَ
 

    O ihr, die den Glauben verinnerlicht haben! Wenn zum Gebet des Freitags gerufen wird, dann eilt zum Gedenken Allahs und lasst den Verkauf!...
                                                                                                   (Sure 62, Vers 9)

    Dies beweist, dass das Durchführen von Kauf und Verkauf und Anderem an Abhalten von Märkten und allen mit der Lebensführung verbundenen Aktivitäten vor dem Freitagsgebet erlaubt ist, wohingegen man dies im Hinblick auf das Freitagsgebet unterbrechen muss, wobei dies nur diejenigen betrifft, die zum Verrichten des Freitagsgebets verpflichtet sind. Dann sagt der Allmächtige und Majestätische:

فَإِذَا قُضِيَتِ الصَّلَاةُ فَانْتَشِرُوا فِي الْأَرْضِ وَابْتَغُوا مِنْ فَضْلِ اللَّهِ
 

    Wenn also das Gebet beendet wurde, dann zerstreut euch im Land und trachtet nach etwas von der Huld Allahs!...
                                                                                      (Sure 62, Vers 10)

    Letzteres heißt, kehrt zu eurem öffentlichen Leben zurück und zu dem, was ihr für eure Religion und für euer diesseitiges Leben als rechtschaffen erachtet, sowie zu dem, was euch bei dem nutzt, um dessentwillen ihr erschaffen wurdet, und zwar hinsichtlich des anbetenden Dienens und des Kultivierens! Der schariatische Text ruft uns nicht zu Ferien am Freitag auf und auch nicht zum Verweilen in der Moschee – weder als Pflicht noch als etwas Erwünschtes.

    Aus den Werken der Rechtslehre wählen wir einen Text vom Scheich des Islam Al-Baidschuri in dessen Werk Haaschijatu-l-Baidschuri ala Scharhi Ibn Qaasim Al-Ghazzi ala Matni Abi Schudschaa´ der schafiitischen Rechtslehre. Im Kapitel Entlohnung steht: "Wisse: Wenn jemand einen Anderen zwecks Arbeit anstellt und für diesen eine bestimmte Zeitspanne festsetzt, dann ist von der Scharia her dessen Zeit für das Herbeiführen der rituellen Reinheit und für das rituelle Gebet – selbst bei nicht der Pflicht unterliegenden rituellen Sunnagebeten – ausgenommen, wobei vom Lohn nichts abgezogen wird. Das Gleiche gilt am Sonnabend für Juden und am Sonntag für Christen." Dieses Zitat und ähnliche stammen aus jüngerer Zeit – denn Al-Baidschuri (Allah der Erhabene erbarme SICH seiner!) starb im Jahre 1277 nach der Hidschra – und sie belegen die Situation der Muslime dahingehend, dass sie sogar am Freitag nicht arbeitsfrei hatten und dass der Sonnabend und der Sonntag speziell für Nicht-Muslime arbeitsfreie Tage sind. Dies wiederum beweist, dass die Ursache für den arbeitsfreien Tag am Freitag ursprünglich gar nicht bei den Muslimen liegt, sondern dass dieser arbeitsfreie Tag bei deren Gesellschaften aufgekommen ist. Die Wahl des Freitags als arbeitsfreien Tag seitens der Muslime geht wohl auf eine korrekte Absicht zurück, die deren Gesellschaften zu deren Zeit angemessen war.

    Aus dem Obengenannten wird Folgendes deutlich: Wenn das Bestimmen eines oder mehrerer Wochentage als arbeitsfreie Tage oder als Wochenende nützlich erscheint, hängt dies von der Vereinbarung und Bescheidenheit der vom Nutzen Betroffenen ab.

    Was es aber an Einwänden einiger Menschen hinsichtlich des Nachahmens der Nicht-Muslime beim Bestimmen des Sonnabends als arbeitsfreien Tag und als Wochenende gibt, so wird dies damit zurückgewiesen, dass das zu tadelnde Nachahmen in dem besteht, was religiöse Riten zusammen mit der Absicht des Nachahmens beinhaltet. Geht es indes um eine Angelegenheit, die bar des Vorhandenseins religiöser Riten, die die Anhänger dieser Religion von anderen Religionen und religiösen Gruppierungen unterscheidet, und frei von der Absicht des Nachahmens ist, so ist dies weder haram noch schariatisch untersagt. Umar Ibn Al-Chattab (möge Allah der Erhabene an ihm Wohlgefallen finden!) tat es den Byzantinern beim Dienst der Staatsverwaltung gleich, wobei ihn niemand der zu tadelnden Neuerung oder des Nachahmens der Kafirn bezichtigte. Und auch als die Prophetengefährten (möge Allah der Erhabene an ihnen Wohlgefallen finden!) Persien eingenommen hatten, beteten in bei den Persern üblichen Hosen, wobei dies nicht als Nachahmen der Nicht-Muslime betrachtet wurde. Heutzutage tragen die Muslime Kleidungen, deren Ursprung und Entstehung auf Nicht-Muslime zurückgeht; aber sie werden in der jetzigen Zeit nicht mehr als deren Riten oder als deren Eigenart betrachtet. Vielmehr ist der Ursprung dieser Kleidungen vergessen und sie gelten nicht als Monopol ihrer ersten Träger. Als der Hadith-Gelehrte Ibn Hadschar Al-Asqalaani in seinem Werk Fathu-l-Bari scharhu Sahihi-l-Buchari über das Wort At-Tailasaan (schalartiges Kleidungsstück für Kopf oder Schultern), das ursprünglich zur Kleidung der Juden gehört, und den Hadith "Wer Leute nachahmt, der gehört zu ihnen" sprach, sagte er: "Das Anführen der Geschichte der Juden als Beweis gilt ausschließlich für die Zeit, in der At-Tailasaan zu deren Riten gehörte, wobei dies zur jetzigen Zeit nicht mehr der Fall ist. So fällt dies unter die allgemeinen indifferenten Dinge. Ibn Abdu-s-Salaam erwähnte dies beim Anführen der Beispiele für die indifferente Neuerung."

    Niemand kann jetzt behaupten, dass der Sonnabend lediglich ein Ritus der Juden sei. Vielmehr nehmen ihn die meisten Länder der Welt mit ihren verschiedenen Richtungen und Religionsgemeinschaften ob eines von ihnen gesehenen Interesses als arbeitsfreien Tag und als Wochenende. Der Sonnabend wird indes nicht als eigens für sie angesehen. Hinzu kommt, dass ein Muslim, wenn er im Nehmen des Sonnabends als arbeitsfreien Tag oder als Wochenende Nutzen sieht und für sich dies als gewichtig betrachtet, wird dies nichts weiter als ein Allgemeininteresse angesehen, ohne dass man das Nachahmen der Juden oder den Respekt vor etwas bei ihnen berücksichtigt.

    Fazit des oben Erwähnten ist: Bei der Frage des Nehmens des Freitags und des Sonnabends als freie Tage handelt es sich um eine Angelegenheit, die vom allgemeinen Interesse und von der schariatischen Politik abhängt. Das wahre Sich-Bemühen soll sich auf die Erforschung richten, ob diese Angelegenheit ein sehr wahrscheinliches allgemeines Interesse darstellt oder nicht. Danach bestimmen das Umsetzen in die Praxis und die tatsächliche Durchführung die Akzeptanz der Kodifizierung oder deren Nichtakzeptanz. Was aber bei Beurteilung dessen das Ausgehen von Nachahmen oder unerlaubter Neuerung oder Ähnlichem betrifft, so handelt es sich um Ausschluss von etwas Zuträglichem und um Stagnation einer Entwicklung.

Und Allah der Hocherhabene weiß es am besten!

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