Hat der Ehemann das Recht, seiner Ehefrau Verwandtschaftskontakte zu verbieten?
Ihre Frage
Ist es ihm nun gestattet sie zur Pflichtvergessenheit gegenüber deren Eltern und zum Abbruch der Verwandtschaftskontakte zu nötigen?
Und ist es ihr erlaubt im Gehorsam ihm gegenüber pflichtvergessen gegenüber ihren Eltern zu sein und die Kontakte zu ihrer Verwandtschaft abzubrechen?
Antwort
Es ist in der Scharia festgelegt, dass Verwandtschaftskontakte Pflicht sind, und zwar auf Grund der Worte Allahs des Erhabenen:
وَبِالْوَالِدَيْنِ إِحْسَانًا وَذِي الْقُرْبَى
Und den Eltern gegenüber gutes Behandeln und den Verwandten ...
(Sure 2, Vers 83)
In einem von Al-Buchari, Muslim und Anderen überlieferten Hadith berichtete Abu Huraira (möge Allah an ihm Wohlgefallen finden!): "Ein Mann kam zu Allahs Gesandten (Allah segne ihn und schenke ihm Wohlergehen!) und fragte: «O Gesandter Allahs! Wer hat das meiste Recht auf eine gute Beziehung mit mir?» Der Gesandte erwiderte: «Deine Mutter!» Dann fragte der Mann: «Und wer danach?» Der Gesandte erwiderte: «Danach deine Mutter!» Dann fragte der Mann: «Und wer danach?» Der Gesandte erwiderte: «Danach deine Mutter!» Dann fragte der Mann: «Und wer danach?» Der Gesandte erwiderte: «Danach dein Vater!»"
Die hanafitischen Rechtsgelehrten erwähnen deshalb ausdrücklich, dass der Ehemann seine Ehefrau nicht daran hindern soll, dass sie sich einmal wöchentlich zu ihren Eltern begibt, wenn die Eltern nicht zu ihr kommen können, und zwar auf der Basis dessen, wofür sich die Hanafiten im Werk Al-Ichtijaar entschieden. Er soll die Eltern nicht daran hindern, dass sie einmal wöchentlich zu ihr kommen, wie es im Werk At-Tanwier und in dessen Erklärung steht. Die Ehefrau hat mithin das Recht, ihre Eltern einmal wöchentlich auch ohne Erlaubnis ihres Ehemannes zu besuchen. Dies gilt ebenfalls für den Großvater, wenn der Vater nicht mehr lebt, und für die Großmutter, wenn die Mutter nicht mehr lebt. Das Übernachten ist ihr indes ohne Erlaubnis ihres Ehemannes nicht gestattet. Dies findet Anwendung im schariatischen Rechtswesen gemäß Artikel 280 der Rechtsverordnung für ordentliche schariatische Gerichte, der lautet: Bei Nichtvorhandensein eines Quellentextes gilt das Ausschlaggebende der Meinungen der Rechtsschule des Imam Abu Hanifa. Zwischen diesem und der Obhutspflicht des Mannes für sein Haus gibt es keinen Widerstreit. Er ist auch nicht dazu berechtigt, dass er die schariatische Anweisung für die Ehefrau ihm Gehorsam zu leisten ausnutzt, um sie von den Pflichten, die sie hat, abzuhalten. Genauso wenig, wie er das Recht hat sie vom rituellen Pflichtgebet, vom Fasten im Ramadan, von der Zakat, von der Pilgerfahrt und von weiteren Pflichten abzuhalten, ist es ihm gestattet sie vom Kontakt mit den Eltern und Verwandten abzuhalten. Er ist nicht dazu berechtigt sie unter dem Vorwand der Pflicht zum Gehorsam von ihrem gesellschaftlichen Umfeld zu isolieren. Dann wäre sie wie eine Gefangene, die bei ihm eine Zeit des Gewahrsams verbringt. In einem von Al-Buchari, Muslim und Anderen nach einer Aussage von Abu Huraira (möge Allah an ihn Wohlgefallen finden!) überlieferten Hadith sagte Allahs Gesandter (Allah segne ihn und schenke ihm die Wohlergehen!): "Nehmt euch der Frauen in Güte an!" Und in einem von Al-Tirmidhi und Anderen überlieferten und von ihm für akzeptabel, authentisch und fremdartig erklärten Hadith steht: "Der Beste unter euch ist der Beste gegenüber seiner Familie."
Der Frau ist nicht verpflichtet ihrem Ehemann zu gehorchen, falls er sie direkt oder indirekt anweist die Verwandtschaftsbeziehungen abzubrechen oder nicht gütig zu den Eltern zu sein, weil die Gehorsamkeit nur für das Rechte gilt.
Alle sollen Allah fürchten, und zwar der Ehemann, die Ehefrau und die Schwiegereltern.
إِنْ يُرِيدَا إِصْلَاحًا يُوَفِّقِ اللَّهُ بَيْنَهُمَا إِنَّ اللَّهَ كَانَ عَلِيمًا خَبِيرًا
... Wenn beide Aussöhnung wollen, versöhnt Allah zwischen beiden. Allah ist wahrhaftig allwissend, allkundig.
(Sure 4, Vers 35)
Und Allah der Hocherhabene weiß es am besten!