Zwingen eines volljährigen Mädchen ...

Das Ägyptische Fatwa-Amt

Zwingen eines volljährigen Mädchen zum Heiraten dessen, den sie nicht will

Ihre Frage

Ist es erlaubt, dass ein volljähriges 18-jähriges Mädchen im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte einen Geistesbeschränkten, dessen Geisteskrankheit chronisch ist und der geistig zurückgeblieben ist, unter Zwang seitens seiner Familie heiratet?

Antwort

    Die Vormundschaft ist ein Recht, das die Scharia einigen Personen gegenüber Anderen mit dem Gedanken verleiht Wohlergehen zu bringen und Ursachen von Unmoral abzuwenden. Damit erwerben diese Personen die Eigenschaft der Durchsetzung ihrer Meinung gegenüber Anderen, wobei es unerheblich ist, ob diese das akzeptieren oder nicht. Die ehrbare Scharia betrachtet Unvermögen und Rechtsunfähigkeit als zwei Gründe für die Vormundschaft über Andere, wobei schon das Vorhandensein einer der beiden als Begründung für Vormundschaft reicht. 

    Die Rechtsgelehrten erwähnten Arten der Vormundschaft, zu denen die Vormundschaft über eine Person und die zwangsläufige Vormundschaft gehört. Diese Art von Vormundschaft entspricht genau der oben erwähnten Definition für Vormundschaft, insofern als die Meinung desjenigen, der in dieser Eigenschaft handelt (der Vormund), gegenüber dem Mündel durchgesetzt wird, wobei es keine Rolle spielt, ob Letzterer das akzeptiert oder nicht. Im Werk Ad-Duru-l-Muchtaar steht: "Die Vormundschaft stellt die Durchsetzung einer Meinung gegenüber einem Anderen dar."

    Die Hanafiten meinen, dass die zwangsläufige Vormundschaft nur über ein minderjähriges Mädchen gilt. Denn die Ursache dieser Vormundschaft ist ja die Minderjährigkeit. So gibt es auf gar keinen Fall zwangsläufige Vormundschaft über eine erwachsene volljährige Frau. Vielmehr wird die Vormundschaft über eine erwachsene volljährige Frau bei ihnen als erwünscht und empfehlenswert betrachtet. Sie übertragen dem nächsten Verwandten aufsteigender Linie nach der Reihenfolge der Erben diese zwangsläufige Vormundschaft. Im Werk Tabjienu-l-Haqaa`iq steht: "Sie – die Vormundschaft – hat zwei Arten bei der Eheschließung: Erwünschte und empfehlenswerte Vormundschaft, die über eine volljährige Frau im Vollbesitz deren geistigen Kräfte übernommen wird, wobei es keine Rolle spielt, ob diese Jungfrau oder Deflorierte ist, sowie zwangsläufige Vormundschaft, die über ein minderjähriges Mädchen übernommen wird, sei dieses nun eine Jungfrau oder Deflorierte." Zitatende. Im Werk Kanzu-l-Haqaa`iq steht: "Der Vormund hat das Recht, einem Minderjährigen und einer Minderjährigen die Eheschließung zu erlauben oder zu verbieten. Der Vormund ist der nächste Verwandte aufsteigender Linie nach der Reihenfolge der Erben." Zitatende.

    Was nun aber die Malikiten und Schafiiten betrifft, so sind sie der Meinung, dass die zwangsläufige Vormundschaft nur über die Jungfrau gilt, wobei es unerheblich ist, ob diese eine Minderjährige oder Volljährige ist. Die Malikiten meinen, dass allein dem Vater die zwangsläufige Vormundschaft zusteht, während die Schafiiten sie als Recht sowohl für den Vater als auch für den Großvater väterlicherseits betrachten. Al-Baadschi sagte in seinem Werk Al-Muntaqaa: "Niemand, handle es sich um den Großvater väterlicherseits oder um einen anderen Vormund, darf sie – das heißt die Jungfrau – zum Heiraten zwingen außer dem Vater. So sagte es Malik." Zitatende.

    As-Sijuti sagte in seinem Werk Al-Aschbaahu wa An-Nazaa`ir: "Besonders den Vater und den Großvater väterlicherseits betreffen einige Rechtsnormen, zu denen ... die zwangsläufige Vormundschaft bei der Eheschließung der Tochter oder des Sohnes gehört." Zitatende.

    Al-Chatieb sagte in seinem Werk Mughni-l-Muhtaadsch: "Der Vater ist berechtigt, sowohl die minderjährige als auch die volljährige Jungfrau ohne deren Erlaubnis zu verheiraten, wobei deren Erlaubnis allerdings erwünscht wäre. Er ist aber nicht berechtigt eine deflorierte Frau ohne deren Erlaubnis zu verheiraten. Wenn sie indes noch minderjährig ist, verheiratet er sie nicht, bis sie volljährig wird. Dies gilt ebenfalls für den Großvater väterlicherseits beim Nicht-Vorhandensein des Vaters." Zitatende.

    Die ausgewählte Meinung für diese Fatwa ist die der Hanafiten. Auf der Basis dieser Meinung verkündete das Revisionsgericht bei der Berufung Nr.65 im Jahr 60 des Personenrechtes in der Sitzung am 15.02.1994 das Urteil, dass Bedingung für das Durchführen des Verheiratens einer volljährigen Frau im Vollbesitz der geistigen Kräfte seitens deren Vormundes deren Erlaubnis, Zustimmung und Volljährigkeit ist.

    Imam Asch-Schafii meinte, dass es nicht gestattet ist, dass ein Mann seine Tochter mit einem Geistesgestörten verheiratet. Er sagt in seinem Werk Al-Umm: "Verheiratet er sie mit einem Ebenbürtigen, der Elefantiasiskranker, Leprakranker, Geistesgestörter oder Kastrierter mit amputiertem Glied oder ohne amputiertes Glied ist, wäre dies für sie nicht verpflichtend. Wäre sie nämlich volljährig, hätte sie die Wahl, falls sie über eine dieser Krankheiten informiert wäre." Zitatende

    Auf Grund des Obengenannten und in Beantwortung der Frage, sofern es sich so verhält wie geschildert, gilt Folgendes:

    Das Verheiraten eines 18-jährigen erwachsenen Mädchens ohne dessen Zustimmung ist nicht gestattet, wobei es unerheblich ist, ob diese Eheschließung mit einem Ebenbürtigen stattfindet oder nicht. Dem Hinderungsgrund für die Rechtsgültigkeit dieser Heirat wird hinzugefügt, dass das Heiraten einer derartigen Person unter die Rechtsnorm eines Geistesgestörten wie bei einem Geistesbehinderten fällt, dessen Geistesbehinderung chronisch ist, weil das Verheiraten mit einer derartigen Person nur mit Zustimmung eines volljährigen Mädchens gestattet ist.

    Und Allah der Hocherhabene weiß es am besten!

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