Ist der Qunut beim Morgengebet schariatisch erlaubt oder nicht?
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Qunut beim Morgengebet ist eine frühe Verhaltensweise des Propheten. Die meisten rechtschaffenen Vorfahren unter den Prophetengefährten und deren folgenden Generationen sowie den späteren Gelehrten der Metropolen vertraten diese Meinung. In einem von einer Gruppe von Hadith-Kennern überlieferten und – wie beispielsweise Imam An-Nawawi und Andere sagten – für authentisch erklärten Hadith von Anas ibn Malik (möge Allah an ihm Wohlgefallen finden!) heißt es dazu, dass der Prophet (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) für einen Monat den Qunut verrichtete und Allah gegen Leute anrief und es dann ließ. Beim Morgengebet verrichtete er es aber, bis er starb." Es ist sowohl von den Schafiiten als auch von den Malikiten bekannt, dass sie diesen Hadith übernehmen. Bei ihnen ist das Qunut beim Morgengebet ohne Einschränkung wünschenswert. Sie betrachten das, was über die Aufhebung oder das Verbieten des Qunut überliefert wurde, nur als eine Aufforderung das Anrufen Allahs gegen bestimmte Menschen zu unterlassen. Sie meinen damit nicht den Qunut generell.
Eine andere Gelehrtengruppe ist der Auffassung, dass Qunut beim Morgengebet nur bei Schicksalsschlägen, die die Muslime treffen, durchgeführt werde. Falls es aber keinen Schicksalsschlag gibt, der Qunut erfordert, dann sei Qunut nicht legal. Das ist die Ansicht der Rechtsschulen der Hanafiten und der Hanbaliten.
Wenn die Muslime nun aber ein Schicksalsschlag trifft, gibt es keine Differenz bei der Legalität des Qunut beim Morgengebet. Die Meinungsverschiedenheit besteht lediglich hinsichtlich der anderen Pflichtgebete. Es gibt einige Gelehrte wie die Malikiten, die die Meinung vertreten, dass Qunut auf das Morgengebet beschränkt sei. Andere, nämlich die Hanafiten, sind der Auffassung, dass Qunut auch bei den anderen Pflichtgebeten mit hörbarer Quran-Rezitation erlaubt sei. Die authentische Meinung bei den Schafiiten lautet, dass Qunut allgemein bei allen Pflichtgebeten erlaubt sei. Sie führen als Beispiele für Schicksalsschläge Epidemie, Dürre, Regen, der Gebäuden oder Ackerbau Schaden zufügt, Furcht vor dem Feind oder Gefangennahme eines Gelehrten an.
Kurz gesagt: Die Gelehrten haben unterschiedliche Meinungen zum Qunut beim Morgengebet, wenn es keinen Schicksalsschlag gibt. Bei Schicksalsschlägen aber sind sich die Gelehrten einig, dass Qunut beim Morgengebet legal und empfehlenswert ist. Bei den anderen Pflichtgebeten sind sie indes verschiedener Meinung.
Auf Grund dessen ist Qunut beim Morgengebet ob des aktuellen Tatbestandes der Umma schariatisch erlaubt– angesichts dessen, was die islamische Gemeinschaft an Schicksalsschlägen, Heimsuchungen, Epidemien und Zusammenscharen von Nationen gegen sie erlebt und was dies an vielen Bittgebeten und Anflehungen zu Allah den Erhabenen bedarf. Möge Allah die Hände der Nationen von uns wenden und unser Land wiedergeben und die Augen SEINES auserwählten Propheten (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) durch den Sieg dessen Gemeinschaft und Rückerlangung deren sakrosankten Dinge erfreuen! ER ist wahrhaftig nahe und erhört die Gebete.
Das Gesagte gilt aber nur, wenn wir die Kontinuität der Schicksalsschläge und deren Unbegrenztheit in Betracht ziehen.
Wer nun aber die Auffassung der Begrenztheit des Schicksalsschlages und deren Dauer vertritt – und zwar nicht länger als einen Monat oder als vierzig Tage –, so gründet er dies darauf, dass derjenige, der Qunut verrichtet, der Rechtsschule eines der Imame folgt, die mit Fleiß zu einer eigenständigen Rechtsfindung gelangten und der Religion folgten. Es obliegt uns ihnen ebenfalls zu folgen, und zwar auf Grund der Worte des Erhabenen:
... فَاسْأَلُوا أَهْلَ الذِّكْرِ إِنْ كُنْتُمْ لَا تَعْلَمُونَ
So fragt die Leute der Ermahnung, falls ihr denn nicht wisset!
(Sure 16, Vers 43)
Wer jedoch der Auffassung eines anderen Imam folgt und meint, dass dieser Gelehrte in dieser Rechtsfrage das Richtige sagt, so gibt ihm dies kein Recht jemandem das Verrichten des Qunut zu verargen, denn unterschiedliche Ansichten werden nicht missbilligt und eine durch Fleiß erlangte eigenständige Rechtsfindung wird nicht durch eine andere entkräftet oder widerlegt.
Und Allah der Hocherhabene weiß es am besten!