Verkaufsvertrag, bei dem der Käufer...

Das Ägyptische Fatwa-Amt

Verkaufsvertrag, bei dem der Käufer das Verkaufte nicht empfängt

Ihre Frage

te ein landwirtschaftlicher Verein namens Al-Aaschir Min Ramadan (10. Ramadan) dem Fragesteller 20 Feddan [~ 8,5 ha] als landwirtschaftliche Parzelle und eine weitere Parzelle von 728 m2 als Immobilie zu. Im Jahre 1983 verkaufte dieser einer Frau diese Fläche gegen einen Betrag in Höhe von 30.000 ägyptischen Pfund, den die Verkäuferin in voller Höhe entrichtete, wobei sie den Vertrag in Anwesenheit ihres Ehemannes unterzeichnete. Zum Text des zwischen den beiden abgeschlossenen Vertrags gehört, dass die Verkäuferin sich an den landwirtschaftlichen Verein wenden müsse um die Formalitäten der Beurkundung des Eigentums zu vollenden und die Raten, die der Verein verlangte, zu tilgen.

Der Verkäufer war aber überrascht, als ihn der Verein nach wie vor als Besitzer ansprach und von ihm die rückständigen Raten verlangte, die sich auf 12.830 ägyptische Pfund beliefen. Dann erhielt er von der Gesellschaft eine letzte Mahnung zur Tilgung des Restbetrages, anderenfalls betrachte man den Vertrag als null und nichtig und man müsse den Rechtsweg beschreiten. Es ist zu erwähnen, dass die Verkäuferin nicht auffindbar ist.

Die Frage lautet nun:

Liegt bei mir eine Sünde, wenn ich zwecks Begleichung der Fälligkeiten gegenüber dem Verein und Rückforderung dessen, was vor dem Verkauf an den Verein bereits gezahlt wurde, das Grundstück verkaufe und für die Käuferin den von ihr beim Verkauf entrichteten Geldbetrag in Höhe von 30.000 ägyptischen Pfund aufbewahre, wobei diesem Betrag die angefallenen Zinsen für die verflossene Zeitspanne hinzugefügt werden? Oder lasse ich dem Verein die Parzelle in deren Zustand der Verödung und breche die Beziehung mit der Käuferin ab, und zwar ohne eine moralische Verantwortung meinerseits für Vermögensverlust der Käuferin?

Antwort

Zu den Zielen der islamischen Scharia gehört der Vermögensschutz. Aus diesem Grund verbot Allah, der Mächtige und Majestätische, dass man dem Vermögen Verlust zufügt oder sich an ihm in einer nichtigen Weise bereichert. So sagt der Gepriesene:

O ihr, die glauben! Bereichert euch nicht untereinander widerrechtlich an euren Vermögensbeständen in Nichtigkeit – es sei denn, dass es ein Handel in gegenseitigem Einvernehmen von euch ist! ...
(Sure 4, Vers 29)

In einem von Ad-Daraqutni überlieferten Hadith sagte Allahs Gesandter (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!): "Das Vermögen eines Muslims ist nicht erlaubt ohne dessen Zustimmung."

Zu den festgelegten Scharia-Grundregeln gehören: "Es gibt kein Schadenerleiden und kein Schadenzufügen – unabhängig davon, ob man einen Vorteil daraus gewinnt oder nicht.." Und: "Bei zwei Übeln wird das kleinere gewählt."

Der Muslim soll das Vermögen des anderen schützen, genauso wie er sein eignes Vermögen schützt, und zwar gemäß einem von Al-Buchari überlieferten Hadith, dass der Prophet (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) sagte: "Niemand von euch glaubt, bis er für seinen Glaubensbruder wünscht, was er für sich selbst wünscht."

Ist der Schutz des Vermögens des anderen nur durch den Fragesteller möglich, dann gilt sein Bemühen um dessen Schutz als eine individuelle Pflicht, und zwar entsprechend seiner Fähigkeit. Denn Allah, der Erhabene, sagt:

Allah mutet einer Seele nur deren Leistungsvermögen zu...
(Sure 2, Vers 286)

Dementsprechend und in Beantwortung der Frage gilt Folgendes:

Ist der Verkäufer zum Auffinden der Käuferin nicht in der Lage, soll er die restlichen Raten des Parzellenpreises bezahlen, und zwar durch den Verkauf eines Teiles der Parzelle nur in einem Ausmaß, das die restlichen Raten an den Verein tilgt, und den Verkaufsvertrag auf den Namen der Verkäuferin ausfertigen, denn die Parzelle gehört ihr – falls er einen Teil der Parzelle verkaufen kann. Denn was ob einer dringenden Notwendigkeit erlaubt ist, wird nach deren Ausmaß bewertet, und zwar gemäß den Worten des Erhabenen:

... Wer nun aber gezwungen ist ohne Begehren und nicht als Übertreter, auf dem liegt keine Sünde ...
(Sure 2, Vers 173)

Ferner sagt der Mächtige und Majestätische:

...Wer aber durch Hunger ohne Hinwendung zur Sünde gezwungen wird, ...
(Sure 5, Vers 3)

Ist er nicht in der Lage einen Teil der Parzelle zu verkaufen und findet er keinen anderen Weg zur Tilgung außer den Verkauf der gesamten Parzelle, darf er die gesamte Parzelle verkaufen um deren restlichen Raten für sie zu bezahlen und das wiederzubekommen, was er vorher bezahlte, sowie das Besitztum des Grundstückes zu Gunsten der Käuferin zu beurkunden und den Restbetrag für sie aufzubewahren, bis sie wieder erscheint.

Der Verkäufer hat nur dann das Recht auf Rückgabe der Parzelle, wenn die Käuferin wieder erscheint und damit einverstanden ist, denn sie kaufte die Parzelle und besitzt sie de facto. Die Angelegenheit ist nichts Weiteres als das, dass sie sich nicht um die Beurkundung dieses Besitztums bei Gericht bemühte, wobei dies von der Religion her festgelegt ist. Da der Verkäufer bestätigt, dass sie von ihm die Parzelle gekauft hat, soll er den Erlös der Parzelle und dessen Zinsen nicht als eine Schuld bei ihm für sie betrachten. Die Parzelle ist vielmehr ein Besitztum derjenigen, die es kaufte, selbst wenn kein Vertrag vom Verein ausgefertigt wurde, denn die Verträge sind in der Grundregel Worte, und diese Ausfertigungen stellen nichts weiter als Dokumente zum Nachweis der Rechte und deren Nichtverlustiggehen dar.

Und Allah, der Hocherhabene, weiß es am besten!

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