Anwenden von Mitteln für Geburtenre...

Das Ägyptische Fatwa-Amt

Anwenden von Mitteln für Geburtenregelung

Ihre Frage

Wie lautet die Rechtsnorm für das Anwenden von Mitteln für Geburtenregelung?

Antwort

    Im Islam gibt es zwei Hauptursprünge der Quellen der Rechtsnormen, nämlich den Koran und die ehrwürdige Verhaltensweise des Propheten. Als Beleg dafür gilt die Aussage von Allahs Gesandten (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) in einem von Al-Hakim nach einer Aussage von Abu Huraira (möge Allah an ihm Wohlgefallen finden!) veröffentlichten Hadith: "Ich hinterlasse euch zwei Dinge, und ihr werdet niemals irregehen, sofern ihr an beiden festhaltet, nämlich am Offenbarungsbuch Allahs und an meiner Verhaltensweise. Beide werden sich nicht voneinander trennen, bis sie beide bei mir am Wasserbecken eintreffen." (Mit dem Wasserbecken ist der Paradiesfluss Al-Kauthar, mit dem Zeitpunkt der Tag des Jüngsten Gerichts gemeint.) 

    Nach dem Studium der Verse des ehrwürdigen Koran sehen wir, dass sich in ihnen kein eindeutiger Text befindet, der die Geburtenkontrolle verbietet. Es steht nichts weiter im Koran als das, was das Erhalten der Nachkommenschaft zu den notwendigen Zielen der Scharia-Rechtsnormen erhebt. Dahingegen wurden jedoch in den Büchern der ehrwürdigen Sunna authentische und weitere Hadithe überliefert, die den Coitus interruptus erlauben, das heißt also, dass der Mann seinen Samen außerhalb der Geschlechtsteile seiner Ehefrau ejakuliert, und zwar nach der geschlechtlichen Vereinigung, aber vor dem Orgasmus. Zu diesen Hadithen gehört der von Al-Buchari und Muslim nach einer Aussage von Dschabir Ibn Abdullah (möge Allah an beiden Wohlgefallen finden!) überlieferte Hadith, dass dieser sagte: "Wir pflegten zur Zeit des Propheten (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) während der Herabsendung des Koran den Coitus interruptus durchzuführen." In einer anderen Hadith-Version von Muslim heißt es: "Wir pflegten zur Zeit des Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) den Coitus interruptus durchzuführen. Dem Propheten (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) wurde dies mitgeteilt und er hat es nicht verboten."

    Hinsichtlich der Zulässigkeit des Coitus interruptus in erwähnter Bedeutung sind die Rechtsgelehrten unterschiedlicher Meinung, ob er eines der Mittel für Schwangerschaftsverhütung und Geburtenkontrolle oder ob er unerwünscht sei. Diesbezüglich sagte Imam Al-Ghazali in seinem Werk Ihja Ulumi-d-din ("Beleben der Religionswissenschaften") im Kapitel Adaabu-n-Nikah ("gutes Eheverhalten") über die Rechtsnorm für den Coitus interruptus kurz zusammengefasst Folgendes: Hinsichtlich der Zulässigkeit und des Unerwünschtseins des Coitus interruptus haben die Gelehrten vier unterschiedliche Meinungen. Einige unter ihnen erlauben den Coitus interruptus generell und andere erklären ihn für von der Scharia her generell verboten. Wieder andere erlauben dies, solange die Ehefrau damit einverstanden ist, wobei dies ohne deren Einwilligung von der Scharia her nicht erlaubt ist. Und schließlich erlauben einige den Coitus interruptus bei den unfreien Dienerinnen und nicht bei den freien Ehefrauen. Dann fährt Al-Ghazali fort: "Die rechtsgültige Meinung bei uns – das heißt bei den Schafiiten – ist, dass der Coitus interruptus erlaubt ist. Annähernd alle Gelehrten der Rechtsschulen sind sich darin einig, dass der Coitus interruptus – also der Versuch des Verhinderns, dass das Sperma eines Ehemannes auf die Eizelle der Ehefrau trifft – im Fall der Einwilligung beider Eheleute erlaubt ist. Einer der beiden kann ihn ohne Zustimmung des anderen nicht ausüben." Als Beweis für diese Zulässigkeit gilt, was in den Sunna-Büchern überliefert wurde, dass nämlich die Prophetengefährten (möge Allah an ihnen Wohlgefallen finden!) zur Zeit des Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) den Coitus interruptus mit ihren Frauen und Dienerinnen durchzuführen pflegten, wobei der Prophet davon wusste und dies nicht verbot, wie es in der oben erwähnten Überlieferung von Muslim nach einer Aussage von Dschabir Ibn Abdullah (möge Allah an beiden Wohlgefallen finden!) steht.

    Verhält es sich also dementsprechend, dann lehnen die Texte der ehrwürdigen Sunna die Geburtenkontrolle nicht ab, eben in Analogie zum Coitus interruptus, der zur Zeit des Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) valid und zulässig war, wie es in der Überlieferung von Imam Muslim in dessen Sammlung authentischer Hadithe nach einer Aussage von Dschabir Ibn Abdullah (möge Allah an beiden Wohlgefallen finden!) steht, dass dieser sagte: " Wir pflegten zur Zeit des Propheten (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) während der Herabsendung des Koran den Coitus interruptus durchzuführen." Dasselbe steht in einer Überlieferung von Imam Al-Buchari in dessen Sammlung authentischer Hadithe.

    Geburtenkontrolle bedeutet in diesem Sinne sowohl die Verhinderung der Schwangerschaftsperioden zwecks Bewahrung der Gesundheit der Mutter als auch als deren Schutz vor dem Schaden häufiger Schwangerschaft und ständiger Geburten respektive vor deren ausschließlichen Beschäftigung mit dem Erziehen deren Kinder. Im Werk Ihja Ulumi-d-Din von Al-Ghazali und im Werk Nailu-l-Autar von Asch-Schaukani steht sogar, dass zu den Angelegenheiten, die zum Coitus interruptus bewegen, die Sorge um den Säugling, und zwar aus Furcht vor der Schwangerschaft zur Zeit des Säugens, oder die Flucht vor einer Vielzahl von Kindern oder vor dem Bekommen von Kindern überhaupt gehören. Beabsichtigt man aber mit der Schwangerschaftskontrolle die unwiderrufliche Beendigung der Zeugungsfähigkeit, dann ist dies mit dem einladenden Aufruf des Islams und dessen Zielen bei der Bewahrung der Zeugung des Menschen bis zu einem von Allah gewollten Zeitpunkt unvereinbar. Allah, der Hocherhabene, sagt:

    Und tötet nicht eure Kinder aus Furcht vor Verarmung! WIR gewähren ihnen Lebensunterhalt und euch... 
                                                                                         (Sure 17, Vers 31)

    Und das läuft nicht dem zuwider, was die meisten Rechtsgelehrten der Muslime meinen, die den Coitus interruptus zwecks Schwangerschaftsaufschubs oder vorübergehender -verhütung ob eines der von der Scharia her akzeptierten Entschuldigungsgründe erlauben; denn dieser Vers kam zum Verbot des Tötens der Kinder und zur Schwangerschaftsverhütung durch Verhinderung der Befruchtung, die das erste Kernstück der Fetusentwicklung darstellt. Ein ausgeübter Coitus interruptus gilt nicht als Töten, denn der Fetus ist ja noch nicht entwickelt, und das Sperma des Ehemannes ist noch nicht in die Eizelle der Ehefrau gelangt. Somit haben beide keine Befruchtung durchgeführt und die im nachstehenden Koranvers genannten Entwicklungsphasen – und Allah weiß es am besten! – noch nicht passiert:

    WIR erschufen ja bereits den Menschen von einem Bruchteil aus Lehm, dann machten WIR ihn mittels eines Samentropfens in einer sicheren Stätte
                                                                                                       (Sure 23, Verse 12-13)

    Ferner legt dies der Hadith des Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) dar, der von Al-Buchari in dessen Sammlung authentischer Hadithe nach einer Aussage von Abdullah Ibn Masud (möge Allah an ihm Wohlgefallen finden!) veröffentlicht wurde, dass dieser nämlich sagte: "Allahs Gesandter (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) informierte uns – und er ist ja der Wahrhafte, der Glaubwürdige –: «Fürwahr, die Schöpfung eines jeden von euch wird im Bauch seiner Mutter in vierzig Tagen und vierzig Nächten zusammengebracht, danach ist er ebensolang ein Blutklumpen, danach ist er ebensolang ein kleiner Fleischklumpen. Danach wird zu ihm ein Engel entsandt, der zu vier Worten aufgerufen wird und dessen Lebensunterhalt, Lebensdauer sowie Handlungen niederscheibt und ob er unglücklich oder glücklich sein wird. Dann haucht er ihm die Seele ein. Einer von euch vollbringt nun Werke der Paradiesbewohner, bis zwischen dem Paradies und ihm nur eine Ellenlänge liegt, dann ereilt ihn das Vorherbestimmte, und vollbringt er Werke der Bewohner der Hölle, dann geht er in diese ein. Und ein anderer von euch vollbringt Werke der Höllenbewohner, bis zwischen der Hölle und ihm nur eine Ellenlänge liegt, dann ereilt ihn das Vorherbestimmte, und vollbringt er Werke der Paradiesbewohner, dann geht er in dieses ein. »"

    Somit darf man alles, was nicht zum Töten des Fetus nach dessen Entwicklung führt – in welchem Stadium dessen Alters er auch sei, selbst wenn es sehr gering ist –, bezüglich dessen, was oben dargelegt wurde, anwenden.

Und Allah, der Hocherhabene, weiß es am besten!

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