Rechtsnorm für Niqab (Gesichtsschle...

Das Ägyptische Fatwa-Amt

Rechtsnorm für Niqab (Gesichtsschleier)

Ihre Frage

Die vorliegende Frage geht um die Rechtsnorm für den Niqab und ob er eine Pflicht ist, wobei einige Rechtsgelehrte ihn zu einer Pflicht machen, und zwar in Anlehnung an einen Hadith von A'ischa (möge Allah an ihr Wohlgefallen finden!), dass sie während des Hadsch ihr Gesicht zu verhüllen pflegte, bis der Reiterzug vorbeigezogen war.

Antwort

    Die von der Scharia her geforderte Kleidung für die muslimische Frau besteht darin, dass man die verführerischen Stellen des Körpers nicht erkennen kann. Sie darf auch nicht durchsichtig sein und muss den ganzen Körper außer Gesicht und Hände verhüllen. Ferner spricht nichts dagegen, dass eine Frau farbige Kleidung trägt, vorausgesetzt, sie ist nicht auffällig oder verführend. Erfüllt jedwede Kleidung diese Bedingungen, darf sie die muslimische Frau tragen und sich mit ihr in die Öffentlichkeit begeben. 
    Hinsichtlich des Niqabs und der Handschuhe, mit denen eine Frau ihr Gesicht respektive ihre Hände bedeckt, bezeichnete das die Mehrheit der Gelehrten nicht als Pflicht. Es ist indes gestattet, dass eine Frau ihr Gesicht und ihre Hände bedeckt, und zwar gemäß den Worten Allahs, des Erhabenen:

    ... und ihre Reize nicht zur Schau stellen, außer, was sichtbar ist ...
                                                                                                                         (Sure 24, Vers 31)

    Die überwiegende Mehrheit der Gelehrten unter den Prophetengefährten und den nachfolgenden Generationen interpretierten den sichtbaren Reiz mit dem Gesicht und den Händen. Dies wurde von Ibn Abbas, Anas und A'ischa (möge Allah an ihnen Wohlgefallen finden!) überliefert und beruft sich auf die Worte Allahs, des Erhabenen:

    ... und sie ihre Tücher über ihre Brust schlagen ... 
                                                                                             (Sure 24, Vers 31)

    Mit dem Tuch ist also eine Bedeckung für den Kopf und mit Brust die obere offene Stelle eines Hemdes oder anderen Kleidungsstücks an der Brust gemeint. Dementsprechend verpflichtet Allah, der Erhabene, die muslimische Frau, mit ihrem Tuch ihre Brust zu bedecken. Wäre die Bedeckung des Gesichts eine Pflicht, stünde das klar im zitierten ehrwürdigen Koran-Vers.
    In der edlen Sunna gibt es einen von Abu Dawud nach einer Aussage von A'ischa (möge Allah an ihr Wohlgefallen finden!) überlieferten Hadith, dass Asma' Bint Abu Bakr zum Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) kam, als sie durchsichtige Kleidung trug. Da wandte sich Allahs Gesandter (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) von ihr ab und sagte zu ihr: "O Asma'! Hat die Frau das Alter der Menstruation erreicht, darf man von ihr nur das und das sehen." Dabei wies er auf sein Gesicht und seine Hände. Es gibt noch andere Beweise, die klar zeigen, dass man Gesicht und Hände nicht zu bedecken braucht.
    Einige Rechtsgelehrte meinen indes, dass eine Frau ihr Gesicht bedecken muss, und zwar gemäß einem von Ahmad und Abu Dawud und Ibn Madscha nach einem von A'ischa (möge Allah an ihr Wohlgefallen finden!) überlieferten Hadith: "Die Reiterzüge pflegten an uns vorbeizuziehen, als wir mit dem Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) im Weihezustand waren. Als sie an uns vorbeizogen, zog jede von uns ihr Obergewand über ihren Kopf auf ihr Gesicht herab. Entfernten sie sich von uns, enthüllten wir das Gesicht." Dieser Hadith bildet keinen Beleg für die Verpflichtung der Bedeckung des Gesichts einer Frau, denn das Verhalten der Gefährten beweist im Grunde keine Verpflichtung und wahrscheinlich geht es hier um eine besondere Bestimmung für die Mütter der Gläubigen, wie es auch beim Sonderfall mit dem Verbot der Heirat nach dem Gesandten Allahs (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) ist.
    In der Lehre der islamischen Rechtsgrundlagen ist vorgesehen, dass der Hergang von Angelegenheiten, die an Eventualfälle gekoppelt sind, eingekleidet ist in das Gewand allgemeiner Bedeutung und der Beweisführung verlustig geht. Al-Buchari überlieferte in seiner Sammlung authentischer Hadithe nach einer Aussage von Ibn Umar (möge Allah an beiden Wohlgefallen finden!), dass Allahs Gesandter (Allah segne ihn und seine Familie und schenke ihnen Wohlergehen!) sagte: "Die sich im Weihezustand befindliche Frau trägt weder Niqab noch Handschuhe." Dies belegt, dass weder das Gesicht noch die Hände einer freien Frau Schambereiche sind. Wie kann man sich vorstellen, dass sie Schambereiche sind, wo es doch Übereinstimmung in deren Enthüllung während des Gebetes und die Verpflichtung zu deren Enthüllung im Weihezustand gibt? Denn es ist wohl bekannt, dass die Scharia unmöglich die Enthüllung des Schambereichs während des Gebetes erlaubt und zur Enthüllung im Weihezustand verpflichtet. Die im Weihezustand verbotenen Dinge waren ursprünglich erlaubt wie etwa das Tragen genähter Kleidungsstücke, das Parfüm, die Jagd und anderes. Nichts davon war Pflicht, sondern wurde später wegen des Weihezustandes verboten.
    Kurz gesagt ist die Enthüllung des Gesichts und der Hände einer muslimischen Frau keine Pflicht, sondern bewegt sich im Rahmen des Erlaubten. Verhüllt die Frau Gesicht und Hände, so ist dies zulässig. Begnügt sie sich mit der schariatischen Körperverhüllung ohne Gesicht und Hände zu verhüllen, ist sie von jeder Schuld frei und erfüllt ihre Verpflichtungen.

    Und Allah, der Hocherhabene, weiß es am besten!

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